Mittwoch, 24. Oktober 2012
Un Techo para mi pais, erste Konstruktion
3 .Monat:
Meine lieben, ich hatte in letzter Zeit viel um die Ohren und hatte leider noch keine Zeit zu schreiben, aber nun endlich zu den Neuigkeiten!:)
Es sind nun schon fast 3 Monate vergangen seit ich den deutschen Boden verlassen habe und ich fühle mich mehr und mehr wie eine echte Paraguayerin!;D
Das Wetter ist so heiß dass ich jeden Tag Terere mit mir rumschleppe, das wird wohl auf eine einseitigen Armuskulatur hinauslaufe (immerhin 2 Liter fasst die Thermoflasche);D. Ich bin aber heilfroh dass es Terere gibt, bei den 30-40 Grad die wir jetzt schon im Frühling haben hat man wirklich das Gefühl zu schmelzen!Oh vorallem Nachts ist es unangenehm wenn man keine Klimaanlage oder Ventilator hat!Da wacht man schon mal auf als wäre ,man gerade schwimmen gewesen;D
Ich bin ja eigentlich Sonnenverrückt wie ihr alles wisst, aber hier ist es sogar mir heiß!an manchen Tagen ist es dann auch angenehmer einfach drinnen zu bleiben, für mich früher unvorstellbar!Ich glaube im Dezember wenn wir dann Sommer haben und ich Weihnachten am Strand verbringe, bei 48 Grad , werde ich den Schnee bei uns vermissen, das Schlittenfahren, die gemütlichen Abende Zuhause....
Ich laufe seit etwa einem Monat ueberallhin, sodass ich an die 3 Stunden am Tag bewegung habe was bei dem Wetter teilweise damit Ende dass ich gegrillt werde wie ein Hunchen;D Aber bei dem guten Essen dass es hier gibt ist es auf jeden Fall das richtige Mittel gegen einen schwangerschaftsbauch ohne schwanger zu sein;D

Aber nun zu der ersten Konstruktion!
Nach dem Spendensammeln hatte ich ja schon einen kleinen Eindruck davon wie das Projekt Techo so ist, wofür genau all diese jungen Menschen sich einsetzen und wie viel Spaß es macht zusammen mit anderen für eine gute Sache zu kämpfen.
Bei der Collecta wurde mir bereits bewusst das sehr viele Paraguayos hier das Projekt kennen und gerne unterstützen, es kam zwar leider nicht so viel Geld zusammen wie erhofft wurde, trotzdem waren die Menschen die wir um eine Spende baten alle hilfsbereit und einige sogar sehr großzügig!
Der Häuaerbau war dann nochmal ein ganz anderes Erlebnis!

Der Häuserbau ist eine unbeschreibliche Erfahrung! Die ganzen Eindrücke und Gefühle die ich dabei hatte sind schwer zu verstehen wenn man nicht dabei war, es ist einfach ein durcheinander aus langsamer Erkenntnis einer Realität die mir sonst verborgen blieb, ein Zusammengehörigkeitsgefühl weil wir Techeros alle für das selbe Ziel kämpfen,unsere Kraft, unserer Wut über die soziale Ungerechtigkeit ein Ventil geben in dem wir etwas tun, in dem wir Menschen ein Haus bauen die sonst zu 10 in einer Hütte mit Plastikfoliendach leben, die von der Gesellschaft teilweise ignoriert und verachtet werden, die isoliert, vergessen von der Mehrheit auf dem Land leben.

Es sind wundervolle Menschen für die wir bauen, Menschen die mit aller Kraft das Geld zusammengekratzt haben, dass sie für das Haus bezahlen müssen.
Ein Haus kostet eigentlich 7 Millionen Guaranies, 1400 Euro, Techo verlangt jedoch nur 80 Euro von ihnen, das ist Teil des Konzepts dass die Organisation verfolgt, die es sich zum Ziel gemacht hat alles dafür zutun um die Armut in ganz Südamerika zu verringern.
Schritt für Schritt, in dem sie auf diesen Teil der Realität aufmerksam machen, in dem sie den Menschen in der ersten Stufe des 3 Stufen Plans das Grundbedürfnis eines Heimes mit Dach erfüllen, dass sie vor der Kälte und den Unwettern schützt, das sie morgens trocken aufwachen lässt, zulässt dass sie ihre Sachen sicher aufbewahren können.

Einige Familien, so wurde mir erzählt, können an Tagen an denen es regnet nicht zur Arbeit, da sie mit ihren 7 Sachen an einen trockenen Ort müssen damit diese nicht kaputt gehen oder geklaut werden. Das Gefühl dass diese nun ihr eigenen Haus besitzen, sicher schlafen können und vorallem Schutz vor Kälte und Unwetter haben (was hier durchaus auch vorkommt!) ist wunderschön. Die Familien für die ich bauen durfte waren sehr herzlich, bei meiner ersten Konstruktion bauten wir für eine indigene 10- Köpfige Familie die alle mitgeholfen haben, vom 3 Jährigen Bub bis zum Vater!Bei der zweiten Konstruktion baute ich eine noch engere Bindung zu der Familie auf, sie haben Facebook und wir sind immer noch im Kontakt:) Es ging soga soweit dass die ganze Nachbarsschaft eine Abschiedsparty für mich organisieren will bevor ich wieder nach Deutschland gehe:)

Zum Konzept vom Techo gehört es auch dass man die Familie für die man baut besser kennenlernt, sich mit ihnen austauscht und die Umstände in denen sie leben sieht um die Notwendigkeit des Projekts zu verstehen. So bringen wir bei jeder Konstruktion Essen mit (das vorher bei einer Supermarktcollecta zusammengesammelt wurde), das dann Mittags von der Familie gekocht wird. Nach getaner Arbeit gibt es nichts besseres als eine leckeres warmes Essen, da schätzt man die Mahlzeit gleich doppelt! Was ich an Techo toll finde ist auch dass hier alles geteilt wird, sowohl bei den Familien als auch später in den Schulen in denen wir für die 3 Tage immer schlafen gab es zu wenig Teller, sodass man immer zu 2.oder 3. aus einem Teller aß und warten musste bis die eine Gruppe aufgegessen hat.
Allgemein gibt es meist nicht soo viel zu essen, das ist aber eine sehr wichtige Erfahrung finde ich!
Ich bin es schon so gewohnt immer etwas essen zu können wenn ich Lust drauf habe dass ich schnell vergesse wie es sich anfühlt mit weniger zufrieden zu sein. Natürlich kommt das bei weitem nicht an die Lebensumstände heran in denen einige Familien hier leben, es ist aber zumindest ein Anstoß zum nachdenken, wertschätzen was ich habe, anerkennen das etwas getan werden muss, das wir das richtige tun.

Natürlich bringt mich dass auch dazu über die Situation in Deutschland nachzudenken, zudem fragen hier auch sehr viele wie es denn in Deutschland mit der Armut aussieht? Ich erinnere mich da auch gerne an ein Paar Witzbolde die mich in Deutschland fragten warum ich denn nach Paraguay gehen muss um etwas zu tun, in Deutschland gebe es schließlich auch genug arme Menschen.
Tja, das ist richtig, mit dem Unterschied dass es hier keinen Sozialstaat gibt der diese Menschen unterstützt, der weiß dass Bildung ein wichtiges Gut ist, welches die Zukunft eines Landes bezüglich seiner Arbeitskraft, seiner Wirtschaft, seines Wohlstands sichert. Kinder aus armen Familien gehen hier nicht zwanghaft zur Schule. Es gibt keine Schulpflicht, die Kosten sind für viele zu hoch, zudem brauchen viele Familien das zusätzlich Einkommen dass die Kinder beim Chipaverkaufen, Autofensterpuzten, Betteln oder Tütenpacken im Supermarkt verdienen. Das ist hier allgemein eines der Hauptprobleme über das sich viele Jugendliche und Erwachsene erregen: Die fehlende Bildung!

Aber zurück zum Häuserbau!
Eine Konstruktion läuft immer so ab dass man sich am Freitag Abends an einem Ort trifft und alle zusammen mit ihren Matrazen, Decken, Hammer, Handschuhen und Babytücher (meist haben wir keine Duschen) und bequemen Klamotten in einem Bus in die Schulen fahren die in der Nähe des Ortes sind an dem wir bauen. Tja soo nah waren die Schulen bei mir bis jetzt nicht, wir mussten Morgens und Nachmittags 20-30 Minuten hinlaufen;D).
Die Freiwilligen verteilen sich auf die verschiedenen Schulen, je nach Größe der Konstruktion sind dann so 30-100 Freiwillige in einer Schule. Dann wird ein kleines Abendessen gemacht dass aus dem besteht was jeder mitgebracht hat( was meist nicht viel ist weil die Meisten es vergessen;D)Nach einer kurzen Ansprache über die Familien für die wir bauen, das Techo Konzept und motivierenden Worten wird dann meist geschlafen, je nach Gruppe und Stimmung wird manchmal noch etwas gespielt, geredet, rumgealbert. Alles ohne Alkohol, denn das gehört zu den 3 No´s !Keine Drogen, kein Alkohol (gehört zumindest in Deutschland doch eh zu den Drogen?;D), kein Sex (Gelächter bei allen Techeros, und dass obwohl sie es zum 1000 Mal hören;D). Die Regeln haben aber auf jeden Fall ihre Berechtigung!
Am nächsten Tag werden wir dann zwischen 4 30 und 6 geweckt (je nach Stimmung der Chefs;D), mit wundervoller lauter Musik (die Lieder sind für mich eher Schlaffördernt, ich sag nur dont stop me now von Queens) und leckerem heißen Cocido mit Keksen oder Milchreis, was auch immer gerade da war:)
Dann wird erklärt was am Samstag alles geschafft werden muss: Die Pilotes ,das sind die Baumstämme die unter den Boden kommen, damit das Haus vor Nässe geschützt ist und der Boden müssen befestigt werden. Die Pilotes sind mit der wichtigste Teil und benötigen unglaublich viel Zeit!Es werden zuerst 4 "Baumstämme" (Pilotes), die Cuadrilla festgelegt. Von nun an wird eine millionen Mal das Nivel gemessen, das Haus soll schließlich gerade stehen! Dann wird meistens Mittag gegessen (es sein denn man hat einen hochmotivierten Jefe de cuadrilla der erst alles beenden will bevor gegessen wird;D) und nach dem Essen der Boden an den Pilotes befestigt. Zur Schule in der wir schlafen wird erst gegagen wenn alle fertig sind. In der Schule werden wir dann schon mit Cocido (wie Mate nur mit gebrannten Gräsern und Zucker) und Keksen erwartet, es darf kurz ausgeruht werden, dann geht es mit einem Feedback über den Tag und die Erfahrungen weiter, manchmal wird auch ein Spiel gespielt und dann wird auch "schon" Abendgegessen, es ist dann meist schon 11 Uhr Nachts;D Nach dem Essen wird je nachdem wie cool die Schule ist noch geredet, getanzt, faxen gemacht... Oder eben geschlafen.;D

Lilia lernt bauen;D

Nächster, 5 30 Uhr, Sonnenaufgang, unser Tag beginnt. Laute Musik, Frühstück, kurze Einführung wie was gemacht wird. Lilia nickt lächelnd und setzt das wissende ich verstehe alles Gesicht auf. Wovon zum Teufel reden die da???Ich kenne weder die Worte für die Dinge noch verstehe ich was die Costa Nera (die doch bei uns in Encarnacion den Rio Parana umgibt) in der Mitte des Hauses soll. Und warum lachen alle darüber dass wir so viel Hämmern werden?
Nach einiger Zeit klärt sich aber alles auf, die Costa Nera ist ein langes Holzstück und stabilisiert das Haus in der Mitte, hämmern (matilllar) ist 2 Deutig und die Wörter für das Werkzeug und die anderen Teile des Hauses lerne ich zum Glück auch mit der Zeit. Meine Gruppe war in der ersten Konstruktion total nett, ein Mädchen aus Argentinen und ein Junge aus Paraguay die mir alles total gut erklärt haben und extrem witzig waren:) So war meine erste Konstruktion auch ein toller Einstieg in die Welt der Techeros:) Schade war nur dass wir bis Nachts noch das Dach fertig machen mussten, ohne Licht war das sehr schwer und anstrengend außerdem konnte so die Einweihung des Hauses nicht so gut gemacht werden. Es wird nämlich immer ein Herzlich Wilkommen Schild im Haus befestigt und alles mit Luftballons geschmückt. Dann können die Techeros eine kurze Rede halten und auch die frischgebackenen Hausbesitzer können sich bedanken und sagen was ihnen auf dem Herzen liegt. Dann wird den anderen Gruppen geholfen falls die noch nicht fertig sind und am Ende gehen alle erschöpft aber überglücklich zurück zur Schule, trinken Cocido und dann fahren wir auch schon im Bus wieder zurück nach Hause. Im Bus wird noch kurz eine Dankes Rede von den Organisatoren, den Jefes de Escuela gehalten und dann ist es auch schon vorbei. Das Gefühl was zurück bleibt ist eine tiefe Zufriedenheit mit sich und der Welt, eine positive Erschöpfung und das Gefühl viel mitgenommen zu haben. Schon nach meiner ersten Konstruktion habe ich gemerkt dass ich sehr viel über mich und das Leben lerne,dass ich endlich mehr zu schätzen lerne was es bedeutet ein Haus zu haben, essen zu können, ein normales Klo zu benutzen...
Bei meiner dritten Konstruktion regnete es am ersten Tag in strömen...
Während ich in Deutschland bei diesem Wetter mit heißem Kakao, Schokolade und Gossip Girl auf dem Sofa eingekuschelt liegen würde sehe ich nun wie es ist bei Wind und Wetter draußen arbeiten zu müssen, in nasser, feuchter Kleidung, müde, erschöpft,ohne Möglichkeit ins trockene zu gehen. Das einzige wa man sich nun wünscht ist eine heiße Dusche, essen, ein Bett, ein Haus in dem es warm ist. Die Realität sieht anders aus. Viele Menschen haben kein Haus in dem es trocken und warm ist, es regnet rein, es ist feucht,kalt, aus der " Dusche" kommt kaltes Wasser. Essen gibt es begrenzt, wenn kein Geld da ist gibt es eben nur Reis. Die Menschen die hier leben sind jedoch nicht arm. Sie haben solch einen Reichtum an Freude, an Liebe, Warmherzigkeit und Großzügigkeit dass das fehlende Geld eine Nebensächlichkeit für sie zu sein scheint. Mir wird mal wieder deutlich wie viel es kaputt macht wenn man sich so sehr auf das materielle konzentriert...
Die wirklich wichtigen Werte im Leben lerne ich hier von einer ganz neuen Seite kennen.

Zurück zum Konzept vom Techo!
Wie gesagt gibt es einen drei Stufen Plan, im ersten Teil wird das Haus gebaut und ein Vertrag mit der Familie abgeschlossen: Drogen, Missbrauch und Gewalt verletzen den Vertrag und führen dazu dass sie aus dem Haus ausziehen müssen. Außerdem ist es logischerweise verboten dass Haus an zweite zu verkaufen. Die Familie kann die 80 Euro für das Haus wochenweise bezahlen, manche geben 3 Euro die Woche, manche mehr. Für uns bedeutet das dass wir jede Woche zu den Familien fahren um das Geld abzuholen, zu sehen wie es ihnen geht und ob das Haus in Ordnung ist. Das Geld müssen sie nicht bezahlen weil Techo es benötigt sondern damit sie lernen mit Geld umzugehen, es zu sparen um für ihre weitere Zukunft eine gute Grundlage zu schaffen.
Die zweite Stufe ist nach 7 Jahren, wenn in einer Siedlung alle in menschenwürdigen Häusern wohnen kann die Habilitation beginnen, ein soziales Programm vom Techo bei dem analyisert wird was den Familien fehlt (Bildung, Wasser, Toiletten, ein Laden mit Essen etc) und wie auch beim Häuserbau engagieren sich Jugendliche Freiwillige um die Lebensumstände der Menschen zu verbessern.
Die erste Stufe, der Häuserbau ist nämlich eigentlich nur der Vorwand um das Vertrauen der Menschen zu bekommen und auch vom Staat anerkannt zu werden. Es geht im allgemeinen darum eine soziale Gerechtigkeit zu schaffen, eine Grundlage für eine bessere Zukunft in ganz Mittel,Latein und Südamerika. Das Projekt Techo (früher hieß es noch un techo para mi Pais) ist inzwischen in jedem Land dieses Kontinents vertreten und bekämpft so Stück für Stück die Armut.
In der dritten Stufe wird schließlich ein langfrisitges Haus gebaut, mit sanitärer Anlage und noch resistenter gegen Unwetter.

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